Mittwoch, 13. Februar 2013

Pater Eckarts Lebenswerk in Brasilien


Pater Eckarts Lebenswerk in Brasilien in Not

Turbulenzen in Rio Den sozialen Hilfseinrichtungen drohte offenbar das Aus. Jetzt ist Pater Eckart wieder zuversichtlich.

  • Blick in eine ungewisse Zukunft? Unser Archivbild aus dem Jahr 2010 zeigt Pater Eckart Höfling inmitten der Schüler „seiner“ Hafenschule in Rio de Janeiro. Nachdem der Fortbestand der Schule ebenso wie der von drei Gemeindezentren in Gefahr war, hatte sich der mittlerweile nach Deutschland zurückgekehrte Pater wieder eingeschaltet.
    Foto: Reinwarth
  • Hoher Besuch: Vor einigen Jahren besuchte der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Projekte von Pater Eckart in Rio.
    Foto: Auswärtiges Amt
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Mehr als fünf Jahrzehnte lang war der aus Langenprozelten stammende Franziskanerpater Eckart Höfling in Brasilien tätig. Über 25 Jahre hielt er in Rio de Janeiro als Generaldirektor des Sozialwerks der Drittordensgemeinschaft der Franziskaner ein soziales Hilfsnetz am Leben, das bestehend aus Krankenhaus, Schule und Gemeindezentren Tausenden Menschen aus der Unterschicht Halt, Perspektive oder medizinische Versorgung bot.
Vor eineinhalb Jahren trat der heute 76-Jährige aus gesundheitlichen Gründen die Verantwortung für das operative Geschäft ab und kehrte nach Deutschland zurück. Doch nun hat er sich wieder in die Organisation eingeschaltet. Es geht, wie er im Gespräch mit der Main-Post sagte, um nichts Geringeres als die Rettung seines Lebenswerkes.

Dem von Pater Eckart über viele Jahre geprägten Sozialwerk mit einem Jahresetat von rund 3,5 Millionen Euro drohte offenbar die Zerschlagung, den sozialen Einrichtungen abseits des Krankenhauses die Schließung. Ursache waren größere Turbulenzen finanzieller Art, die sich wiederum in organisatorischen Veränderungen niederschlugen.
Auch in Main-Spessart, der Region also, aus der über die Jahre viele Spendengelder in die Unterstützung des Hilfswerks von Pater Eckart flossen, machten zuletzt Aussagen vom Aus von Einrichtungen wie der Hafenschule oder den Gemeindezentren in den Armenviertel Rios die Runde. Die Rede war von millionenschweren Schuldenbergen, gar von Insolvenz.
„Alles Quatsch“, sagt Pater Eckart dazu und meint damit wohl vor allem die Aussagen zur Insolvenz. Dass es finanzielle Probleme gab und auch noch immer gibt, verschweigt er indes nicht.
„Es muss eine Zukunft für meine Kinder geben.“
Pater Eckart über den Fortbestand der Einrichtungen des Sozialwerks in Rio
Ins Wanken geraten ist sei das verflochtene Konstrukt seines Hilfswerks, als der zuständige brasilianische Bischof vor rund zwei Jahren beschlossen habe, ihn wegen seiner angeschlagenen Gesundheit quasi zum eigenen Schutz aus der Verantwortung zu nehmen, erzählt Pater Eckart.
Damals sei das Krankenhaus, eine Einrichtung mit 500 Betten und laut Eckart 1600 Mitarbeitern, aus dem Hilfswerk herausgenommen und einer ebenfalls kirchlichen Verwaltungsgesellschaft unterstellt worden. Allerdings rutschte das Krankenhaus, dessen Erlös zuvor die sozialen Einrichtungen mitfinanziert habe, laut Pater Eckart nach der Umorganisation vorübergehend in die roten Zahlen, weswegen die Querfinanzierung nicht mehr möglich war. Der nach Deutschland zurückgekehrte Pater Eckart sollte sich nach Vorstellung des Bischofs weiter um die Hafenschule mit rund 1300 Schülern und die drei Gemeindezentren kümmern. Allerdings, so erzählt der Pater, sei vor Ort quasi ein Nachfolger für ihn installiert worden.
Mit dessen Arbeit, das wird im Gespräch deutlich, ist Pater Eckart alles andere als zufrieden. Sein Nachfolger habe sich in seine „Angelegenheiten eingemischt“ und ohne Rücksprache mit ihm, dem langjährigen Macher der Einrichtungen, die Schließung der Schule und eines Gemeindezentrums angestrebt.
Diese Pläne jedoch riefen den sich im Franziskanerkloster in Großkrotzenburg bei Hanau von diversen Operationen erholenden Pater Eckart auf den Plan. Er sagt über die Einrichtungen in Rio: „Ich habe mein ganzes Leben da reingehängt, das ist mein Lebenswerk.“ Um das zu retten, zieht Pater Eckart derzeit an allen für ihn erreichbaren Strippen: „Ich bin ständig in Kontakt mit den Leuten vor Ort.“ Dem zuständigen Bischof in Rio habe er einen Brief geschrieben und darin erklärt: „Ihr könnt nicht 1300 Kinder auf die Straße setzen.“ Mittlerweile sei die brasilianische Kirche bereit, sich an der finanziellen Rettung der sozialen Einrichtungen zu beteiligen. Auch die Eltern der Schüler würden sich nun mit einem Schulgeld an den Kosten beteiligen, sagt Pater Eckart. Es habe sich ein Trägerverein gegründet. Auch die Rotarier der brasilianischen Metropole säßen bei der Finanzierung mit ihm Boot. Zur Frage, welche Summen überhaupt aufzubringen sind, will sich Pater Eckart jedoch nicht äußern.
Er hofft weiter auf Unterstützung aus seiner Heimat. Hier habe er noch das eine oder andere As „im Ärmel“, spricht der Geistliche über Kontakte zu Großspendern. Daneben solle auch eine Stiftung gegründet werden. Er gehe davon aus, dass man „in ein bis zwei Monaten aus den Sorgen raus“ sei, hofft Pater Eckart auf das Gelingen des finanziellen Kraftakts zur Rettung seines Lebenswerkes.
Etwas abgekühlt ist unterdessen offenbar die über Jahrzehnte so gut funktionierende Verbindung zum in Main-Spessart existierenden Freundeskreis Pater Eckart. Der hat sich mittlerweile in „Freundeskreis Brasilien“ umbenannt. Vorsitzender Ottmar Kliegl und Pressesprecher Günter Reinwarth erklärten dies gegenüber der Main-Post mit einer teilweisen Neuausrichtung der Spendenaktivität. Zwar unterstütze man die Projekte von Pater Eckart auch weiterhin, gleichzeitig habe man mit dem Gipsplattenhersteller Knauf aus Iphofen jedoch einen neuen regionalen Partner gefunden, mit dem man sich im fernen Rio einem weiteren Projekt widme. Dabei geht es, so Reinwarth, um eine Einrichtung, in der unter anderem Trockenbauer ausgebildet werden. Bei den Auszubildenden handle es sich zum Teil um Absolventen der von Pater Eckart aufgebauten und vom Freundeskreis unterstützten Hafenschule.
Die Umorientierung des Freundeskreises erklärt dessen Vorsitzender Kliegl auch damit, dass „Pater Eckart als Zugpferd“ nicht mehr vor Ort sei. Deswegen fehle die direkte Bezugsperson vor Ort. Günter Reinwarth betont, dass der Geistliche über viele Jahre „viel, viel geleistet“ habe.
Der Gelobte macht keinen Hehl daraus, dass er über die Umbenennung des Freundeskreises nicht erfreut ist: „Das ist eine Unverschämtheit. Ich gehöre nach wie vor dazu“, sagt er über seinen Bezug zu den sozialen Einrichtungen in Rio. Zwar befinde er sich nun in einem deutschen Franziskanerkloster – „aber nur als Gast“. Sein wahre Bestimmung seien die Projekte in Brasilien.
Davon, dass diese fortgeführt werden können, ist Pater Eckart überzeugt, „auch wenn das Geld nicht vom Himmel fällt“. Die Schule beginne in wenigen Tagen wieder, am 19. Februar. „Der Fortbestand ist gesichert. Es muss eine Zukunft für meine Kinder geben“, sagt Pater Eckart über die Schule und die anderen Hilfsprojekte. Allerdings lässt der 76-Jährige auch durchblicken, dass das Ringen um den Erhalt seines Lebenswerkes für ihn auch eine große Belastung darstellt: „Ich bin auch müde.“

Pater Eckart

Eckart Höfling wurde im Oktober 1936 in Langenprozelten geboren. Nach Abschluss der Handelsschule in Würzburg (1949) absolvierte er eine Ausbildung zum Justizbeamten. Vor der Verbeamtung entschloss er sich jedoch, dem Franziskanerorden beizutreten. 1960 führte ihn sein Weg erstmals nach Brasilien. 1966 wurde er nach dem Philosophie- und Theologiestudium in Würzburg zum Priester geweiht. Danach war er in den Vorstädten von Rio de Janeiro als Kaplan tätig. 1987 übernahm er in Rio das Sozialwerk des Drittordens der Franziskaner. In der Folge baute Pater Eckart zahlreiche soziale Einrichtungen neu oder wieder neu auf, darunter ein Krankenhaus, eine Schule und Gemeindezentren in den Armenvierteln.
Unterstützung erhielt er dabei auch aus der Heimat. Die Lohrer Rexroth-Stiftung, der Freundeskreis Pater Eckart, verschiedene Rotary-Clubs, das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ und viele Privatpersonen zählten zu den Spendern.
Für sein Engagement wurde Pater Eckart vielfach ausgezeichnet. So erhielt er 2007 das Bundesverdienstkreuz am Bande und 2008 den Quadriga-Preis. In der Laudatio würdigte der damalige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sein Lebenswerk als herausragendes Beispiel für gelebten Gemeinsinn.
Das Sozialwerk der Franziskaner in Rio wuchs zu einem Unternehmen, das 1700 Menschen beschäftigte und 1300 Kindern und Jugendlichen Schule und Ausbildung verschaffte. Neben einer Klinik mit rund 500 Betten betrieb es Gemeindezentren mit Kitas und Erwachsenenbildung.
Vor eineinhalb Jahren kehrte Pater Eckart nach Deutschland zurück. Nach mehreren Operationen lebt er heute als Gast im Franziskanerkloster in Großkrotzenburg bei Hanau.

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